ASMD (Morbus Niemann-Pick Typ A, A/B, B)Saure Sphingomyelinase-Mangel
Was ist ASMD (M. Niemann-Pick Typ A, A/B, B)?
ASMD (engl. Acid Sphingomyelinase Deficiency, dt. Saure Sphingomyelinase-Mangel) zählt zu den lysosomalen Speicherkrankheiten und kann sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen auftreten. Sie ist eine seltene, fortschreitende Erkrankung, die potenziell lebensbedrohlich ist.1,2,3
Im Zusammenhang mit ASMD finden sich auch Begriffe wie Morbus Niemann-Pick, Niemann-Pick-Krankheit, Niemann-Pick-Syndrom oder Niemann Pick Disease. Diese Bezeichnungen gehen zurück auf den Kinderarzt Albert Niemann, der 1914 als erster einen Fall beschrieb, sowie den Pathologen Ludwig Pick, der die Erkrankung 1926 vom symptomatisch ähnlichen Morbus Gaucher abgrenzte.
Früher wurden drei Erkrankungen unter Niemann-Pick zusammengefasst: Typ A (NPA), Typ B (NPB) und Typ C (NPC). Mittlerweile ist bekannt, dass Typ A und Typ B durch einen Mangel an saurer Sphingomyelinase entstehen. Typ C hat jedoch eine andere Ursache, hier kann der Körper Cholesterin und weitere Fettstoffe nicht richtig abbauen.4
Mit dieser Erkenntnis wird heute nach der Krankheitsursache unterschieden und benannt: ASMD (früher NPA und NPB) und Niemann-Pick Typ C (NPC).4

Auf dieser Website erfahren Patient*innen, ihre Angehörigen und Interessierte Wissenswertes über die seltene Erkrankung ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B und B), die durch einen Mangel an saurer Sphinogomyelinase entsteht. Hier erhalten Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen:
- Was ist ASMD und welche Typen gibt es?
- Was für Anzeichen deuten auf ASMD hin?
- Was ist die genaue Ursache von ASMD?
- Wie wird ASMD diagnostiziert?
Die Ursache von ASMD ist ein Aktivitätsmangel des Enzyms saure Sphingomyelinase: ein Enzym, das für den Abbau des Fettstoffs Sphingomyelin zuständig ist.3,5 Dieser Mangel führt zur Ansammlung von Sphingomyelin in Lunge, Milz, Leber, Knochen und in schweren Fällen im zentralen Nervensystem.1,2,3
ASMD wird autosomal-rezessiv vererbt. Das bedeutet, beide Elternteilen müssen Träger einer Veränderung des SMPD1-Gens sein, sie müssen jedoch nicht selbst betroffen sein. Dieses SMPD1-Gen enthält den Bauplan für die saure Sphingomyelinase.2,3
Die lysosomale Speichererkrankung ASMD ist mit einer geschätzten Häufigkeit bei der Geburt von 0,4 bis 0,6/100.000 Einwohner sehr selten. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen. Der ASMD Typ A kommt bei Menschen mit Ashkenazi-jüdischer Abstammung häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung.4
Die Diagnose wird meist sehr verzögert gestellt: Bei Typ B vergehen im Schnitt 5 Jahre.6 ASMD kann mit anderen, häufigeren Krankheiten, seltenen Krankheiten mit ähnlichen Symptomen oder anderen lysosomalen Speichererkrankungen – Morbus Gaucher, LAL-D oder Niemann-Pick-Erkrankung Typ C – verwechselt werden.3 Eine frühe Diagnose mit anschließender Behandlung der Symptome ist jedoch wichtig. Sie kann dazu beitragen, die Lebensqualität zu verbessern und Unsicherheiten zu beseitigen.4,7
Welche Typen von ASMD gibt es?
Bei ASMD (engl. Acid Sphingonmyelin Deficiency, dt. Saure Sphingomyelinase-Mangel) handelt es sich um ein Erkrankungsspektrum, das in drei Subtypen unterteilt wird. Die Übergänge zwischen den einzelnen Typen sind fließend. Am häufigsten ist Typ B, bei dem die Symptome auch erst im Erwachsenenalter auftreten.8 Über die drei ASMD-Typen informiert zu sein, kann Ihnen und Ihrem/Ihrer Ärzt*in dabei helfen, über die Symptome zu sprechen und sie besser zu verstehen.
Merkmale der unterschiedlichen ASMD-Typen
Typ A3,9
Erstes Auftreten von Symptomen
kurz nach Geburt oder in den ersten Lebensmonaten
Beteiligte Organe
betrifft mehrere wichtige Organe im Körper, einschließlich Gehirn und zentrales Nervensystem
Fortschreiten
schnell
Schwere der Erkrankung
am schwerwiegendsten
Anzeichen und Symptome
- Vergrößerung von Leber (Hepatomegalie) und Milz (Splenomegalie)
- Entwicklungsverzögerung
- Atemwegsinfekte, Lungenerkrankungen
- Reizbarkeit
- Schlafstörungen
- Zunehmende Muskelschwäche
- Kirschroter Fleck im Auge
Verlauf
infantil neuroviszeral
Lebenserwartung
ca. 3 Jahre
Häufige Todesursachen
Lungenerkrankung, Komplikationen durch Blutungen
Typ A/B10,11
Erstes Auftreten von Symptomen
Säuglingsalter bis Kindheit
Beteiligte Organe
betrifft mehrere wichtige Organe im Körper, möglicherweise auch Gehirn und zentrales Nervensystem
Fortschreiten
variiert
Schwere der Erkrankung
intermediär
Anzeichen und Symptome
- Verzögertes Wachstum und verzögerte Pubertät
- Vergrößerung von Leber (Hepatomegalie) und Milz (Splenomegalie)
- Fettstoffwechselstörung, Herzklappenerkrankung, Erkrankung des Arteriensystems (Arteriosklerose)
- Verminderte Anzahl von Blutplättchen (Thrombozytopenie)
- Lungenerkrankung
- Lebererkrankung
Verlauf
chronisch neuroviszeral
Lebenserwartung
variiert zwischen Kindes- und frühem Erwachsenenalter
Häufige Todesursachen
Lungenerkrankung, Lebererkrankung
Typ B6,10,12
Erstes Auftreten von Symptomen
kann in jedem Alter auftreten
Beteiligte Organe
betrifft mehrere wichtige Organe im Körper, jedoch nicht das Gehirn, geringe bis keine Beteiligung des zentralen Nervensystems
Fortschreiten
langsam
Schwere der Erkrankung
am wenigsten ausgeprägt
Anzeichen und Symptome
- Vergrößerung von Leber (Hepatomegalie) und Milz (Splenomegalie)
- Blutungen
- Lungenerkrankungen
- Kurzatmigkeit
- Gelenk- und Gliederschmerzen
- Verminderte Knochendichte (Osteopenie) und Knochenschwund (Osteoporose)
- Verzögertes Wachstum in der Jugend
- Verminderte Anzahl von Blutplättchen (Thrombozytopenie)
- Fettstoffwechselstörung
Verlauf
chronisch viszeral
Lebenserwartungen
Erreichen des Erwachsenenalters
Häufige Todesursachen
Lungenerkrankung, Lebererkrankung
1. Symptome bei ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B)
ASMD kann viele Organe und Körperfunktionen betreffen – die genaue Ausprägung der Symptomatik kann bei ASMD-Patient*innen unterschiedlich sein. Bei den ASMD-Typen A/B und B schreitet die Erkrankung weniger schnell voran als bei Typ A. Die folgenden Anzeichen und Symptome können bei allen Subtypen in unterschiedlichen Kombinationen auftreten:13,7
1.1 ASMD Typ A5,8
(Niemann-Pick Typ A)
Bei ASMD Typ A reichert sich Sphingomyelin hauptsächlich im Gehirn an. Das wirkt sich auf das zentrale Nervensystem, sowie Leber, Milz und Lunge aus. Eine Vergrößerung von Leber und Milz (Hepatosplenomegalie) ist meist das erste festgestellte Anzeichen und tritt in der Regel im frühen Säuglingsalter von 6 bis 9 Monaten auf.
Ein betroffenes Baby entwickelt sich zunächst normal und unauffällig. Dann folgt eine Phase des Entwicklungsstillstands. Anschließend verliert der Säugling bereits erlernte Fähigkeiten wieder. Weitere wichtige Merkmale sind eine zunehmende Muskelschwäche, Ernährungsschwierigkeiten, Gelbsucht und Gedeihstörung. Typisch ist auch ein kirschroter Fleck im Auge.
1.2 ASMD TYP A/B9,10
(Niemann-Pick Typ A/B)
Die Vergrößerung von Leber und Milz sowie eine Beteiligung der Lunge zeigt sich auch bei Patient*innen mit ASMD Typ A/B. Die Beteiligung des zentralen Nervensystems kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Auch das Fortschreiten der Erkrankung kann bei Typ A/B unterschiedlich ausfallen. Bei Erkrankungsbeginn im Kindesalter sind verzögertes Wachstum und verspätete Pubertät typisch.
1.3 ASMD Typ B7,9,11
(Niemann-Pick Typ B)
Auch bei Patient*innen mit Typ B tritt eine Vergrößerung von Leber und Milz sowie eine Lungenbeteiligung ein. Eine Beteiligung des zentralen Nervensystems ist bei Typ B nicht oder nur geringfügig gegeben. Dieser ASMD-Subtyp schreitet langsamer als beispielsweise Subtyp A voran. Bei Erkrankungsbeginn im Kindesalter sind, wie bei Typ A/B, verzögertes Wachstum und verspätete Pubertät typisch.
1.4 Anzeichen und Symptome von ASMD im Einzelnen
ASMD betrifft am häufigsten Milz, Leber, Lunge, Blut und Verdauungssystem. Hinweise können sein:13,11
- Hervorstehender Bauch aufgrund vergrößerter Leber und/oder Milz
- Husten und Atembeschwerden
- Neigung zu Blutergüssen und Blutungen
- Bauchschmerzen und Durchfall
1.4.1 Milz und Leber
Eine Vergrößerung von Milz und/oder Leber gehört zu den ersten Symptomen von ASMD und tritt bei fast allen Patient*innen auf. Ein ungewöhnlich dicker Bauch kann bei Säuglingen und Kleinkindern ein Hinweis auf eine Vergrößerung von Milz und/oder Leber sein. Bei älteren Patient*innen können (Ober-) Bauchbeschwerden und/oder Völlegefühl auftreten.13,8

- Mehr als 90% der Patient*innen zeigen eine vergrößerte Milz (Splenomegalie), die teils ein Vielfaches ihres Volumens einnimmt.13

- Über 70% haben eine vergrößerte Leber (Hepatomegalie).8
- Bei Patient*innen mit Typ A/B oder B tritt im Verlauf dann häufig eine Vernarbung der Leber (Fibrose) ein. Diese kann sich verschlimmern und zu einer Zirrhose werden, was zu weiteren Komplikationen führen kann.8
1.4.2 Lunge
Die meisten ASMD-Patient*innen haben eine eingeschränkte Lungenfunktion.

- Bei über 80% der Patient*innen wird eine Lungenerkrankung festgestellt. Es kommt zu Atembeschwerden, Husten und Infektionen wie Lungenentzündung. 4,13
1.4.3 Blut
Auch das Blut ist sehr häufig von ASMD betroffen.

- Eine verminderte Anzahl an Blutplättchen (Thrombozytopenie) führt bei mehr als der Hälfte aller Patient*innen zu einer Neigung zu Blutergüssen und Blutungen (z.B. häufiges Nasenbluten, starke oder langanhaltende Regelblutungen, Blutungen nach operativen Eingriffen etc). 13
- Starke Blutungen können lebensbedrohlich sein.13
- Bei je einem Viertel aller Patient*innen kommt es zu einer Abnahme der roten Blutkörperchen (Anämie) oder der weißen Blutkörperchen (Leukopenie). Dies kann sich in starker Müdigkeit (Fatigue) äußern.13
1.4.4 Magen und Verdauungssystem
Störungen des Magen- und Verdauungstrakts zählen zu den häufigsten Anzeichen für ASMD.
- Drei Viertel der Patient*innen leiden an Problemen mit dem Magen- und Verdauungssystem. Speziell bei den Typen A/B und B treten Bauchschmerzen und Unwohlsein sowie Durchfall auf.4
1.4.5 Gehirn und Nervensystem
Vor allem die Typen A und A/B zeigen eine Beteiligung des Nervensystems.
- Patient*innen mit ASMD Typ A zeigen eine schwere Beteiligung des Nervensystems13
- Erste neurologische Symptome treten in der Regel im Alter von 6 Monaten auf.
- Es kommt zu Entwicklungsstörungen, die Entwicklung stoppt meist im Alter von 10 Monaten.
- Kinder verlernen bereits erworbene Fähigkeiten (Verhalten, Sprache, Fein- und Grobmotorik) wieder.
- Ein Verlust von Reflexen sowie ein Mangel an Muskelstärke und Muskelspannung (muskuläre Hypotonie) ist zu beobachten.
- Aufgrund von Nervenschäden (Neuropathie) entwickeln sich Taubheitsgefühl und Kribbeln in den Händen und Füßen.
- Beim Typ A/B schreitet die Beteiligung des Nervensystems langsamer voran als bei Typ A4
- Das Gleichgewicht und die Koordination (Ataxie) sind beeinträchtigt.
- Die motorische Entwicklung ist deutlich verzögert.
- Lernschwierigkeiten treten auf.
- Patient*innen mit ASMD Typ B zeigen nur eine geringfügige oder gar keine Beteiligung des Nervensystems, ein Untergang von Nervenzellen wird nicht beobachtet.4
1.4.6 Augen
Die Augen sind vor allem bei den Typen A und A/B betroffen.4
- Im Verlauf der Erkrankung entwickeln Patient*innen einen kirschroten Fleck im Auge (kirschrote Makula).
1.4.7 Herz und Blutgefäße
Symptome, die das Herz-Kreislauf-System betreffen, treten vor allem bei den Typen A/B und B auf.4
- An den Blutgefäßen des Herzens entstehen Schäden.
- Auf dem EKG (Elektrokardiogramm) kann ein anormaler Herzschlag gesehen werden.
- In der Regel bestehen bei den Patient*innen von klein auf Herzprobleme.
- Die Patient*innen zeigen ungewöhnliche Cholesterinspiegel (Dyslipidämie).
1.4.8 Knochen und Gelenke
Viele Patient*innen mit chronischen Verläufen von ASMD, also Typ A/B und Typ B, erfahren Schmerzen in Knochen und Gelenken.4
- Vorwiegend treten Rücken-, Bein-, Arm- und/oder Gelenkschmerzen auf.
- Oftmals führt eine Knochenschwäche (Osteopenie/Osteoporose) zu häufigen Knochenbrüchen.
1.4.9 Wachstum und Entwicklung
Ein Merkmal von ASMD ist eine verzögerte Knochenreifung sowie ein eingeschränktes Wachstum in der Kindheit.4,13
- Bei den Kindern sind eine Wachstumsverzögerung und Entwicklungsverzögerungen feststellbar.
- Typisch ist auch eine verzögerte Pubertät.
- Zu beobachten ist ein Verlust der Beweglichkeit und der Koordination.
1.4.10 Chronische Müdigkeit
ASMD geht in vielen Fällen mit chronischer Müdigkeit einher.
- Die Patient*innen sind anhaltend müde, erschöpft und antriebslos (Fatigue).
- Die chronische Müdigkeit erschwert neben den körperlichen Symptomen zusätzlich den Alltag.
2. Vererbung von ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B)
2.1 Ist ASMD vererbbar?
ASMD ist eine Erbkrankheit, die durch genetische Varianten (Veränderungen in den Genen) verursacht wird. Diese Veränderungen können bestimmte Prozesse im Körper verändern und zu Krankheiten führen. Das an ASMD beteiligte Gen heißt SMPD1.4
2.2 Wie sieht der Erbgang bei ASMD aus?
Die lysosomale Speicherkrankheit ASMD wird autosomal-rezessiv vererbt. Das heißt, dass ein Kind an ASMD erkrankt, wenn es von beiden Elternteilen ein verändertes Gen geerbt hat.
Sind beide Elternteile Träger einer Veränderung des Gens, haben Geschwister eines/einer ASMD-Patient*in eine
- 25-prozentige Wahrscheinlichkeit, gesund und kein/keine Überträger*in zu sein,
- 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, nicht zu erkranken, aber Überträger*in der Erkrankung zu sein,
- 25-prozentige Wahrscheinlichkeit selbst zu erkranken.
Auch die Geschwister der beiden betroffenen Elternteile haben eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass sie selbst Überträger*in von ASMD sind.
2.3 Was sollten Familienangehörige bzw. Geschwister eines/einer neu diagnostizierten ASMD-Patient*in tun?
Wird bei einem Familienmitglied die Diagnose ASMD (Niemann-Pick Typ A, A/B, B) gestellt, können Angehörige eine sogenannte genetische Beratung in Anspruch nehmen. Bei genetischen Beratungsstellen kann geklärt werden, wer ebenfalls die erblich bedingte Erkrankung bekommen kann. Geschwister sollten sich auf jeden Fall testen lassen. Die Ergebnisse sind eine wichtige Entscheidungshilfe für eventuell notwendige Behandlung oder auch für die weitere Familienplanung.
3. Diagnostik bei ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B)
3.1 Was sind typische Symptome für ASMD?
Bestimmte Anzeichen legen den Verdacht auf ASMD nahe. Das erste auftretende Symptom ist meist eine Vergrößerung von Leber und/oder Milz. Dies äußert sich durch einen ungewöhnlich dicken Bauch. Husten und Atembeschwerden, Neigung zu Blutergüssen und Blutungen, Bauchschmerzen und Durchfall sind ebenfalls Hinweise auf ASMD.
3.2 Welche Untersuchungen sind für die Diagnostik von ASMD nötig?
ASMD ist eine lysosomale Speichererkrankung, die durch einen Mangel an Aktivität des Enzyms saure Sphingomyelinase (ASM, acid sphingomyelinase) entsteht. Ein Bluttest, der misst, wieviel funktionsfähige ASM im Blut ist, ermöglicht eine sichere ASMD-Diagnose. Eine zusätzliche Bestätigung kann durch Gentests erfolgen.
Da es durch den Mangel an Aktivität von saurer Sphingomyelinase zu Veränderungen in Milz, Leber, Lunge, Blut und Verdauungssystem kommen kann, kann der/die Ärzt*in neben dem Bluttest noch weitere Untersuchungen veranlassen:
- Ultraschalluntersuchung: So können die Vergrößerungen von Leber und/oder Milz gemessen werden.
- Röntgenaufnahmen/Computertomographie: Anhand der bildgebenden Verfahren können Erkrankungen der Lunge festgestellt werden.
- Lungenfunktionstests: Dieser Test dient der Diagnose von Erkrankungen der Lunge und der Atemwege.
Invasive Testverfahren wie Knochenmarkbiopsien sind für eine Bestätigung der ASMD-Diagnose nicht erforderlich.
3.3 Weshalb ist eine frühe Diagnose von ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B) wichtig für Sie oder Ihre Angehörigen?
Eine frühzeitige Diagnose von ASMD ist wichtig, damit schnellstmöglich eine Behandlung der Symptome eingeleitet werden kann.4 Ferner ist ein Familien-Screening sinnvoll. Ein frühes Erkennen der Erkrankung kann dazu beitragen, die Lebensqualität zu verbessern und Unsicherheiten zu beseitigen.4,14
3.4 Wie geht der/die Ärzt*in bei Verdacht auf ASMD vor?
ASMD ist eine Krankheit, die viele Organe betrifft und die Lebensdauer verkürzen kann.13 Typische Anzeichen, die sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen auftreten können, sind eine Vergrößerung der Leber und/oder Milz, eine verminderte Anzahl an Blutplättchen sowie eine Lungenfunktionsstörung.13 Treten typische Symptome bei Ihnen auf, wird Ihr/Ihre Ärzt*in einen Trockenbluttest durchführen, um ASMD zu diagnostizieren. Das ist eine Blutuntersuchung zur Messung der Menge an Enzymaktivität von ASM (engl. acid sphingomyelinase, dt. Saure Sphingomyelinase). Die Diagnose ASMD kann bestätigt werden, wenn der Test eine verminderte ASM-Enzymaktivität zeigt. Mithilfe dieses Tests kann auch eine Abgrenzung von Morbus Gaucher, einer symptomatisch ähnlichen lysosomalen Speicherkrankheit, erfolgen.7,13
3.5 Wie bzw. mit welchem Test kann ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B) nachgewiesen werden?
Besteht bei Ihnen oder einem/einer Angehörigen der Verdacht auf die seltene Erkrankung ASMD, kann dieser recht einfach mit einer Blutuntersuchung überprüft werden. Die empfohlene Methode zur Diagnose von ASMD ist ein sogenannter Trockenbluttest. Damit lässt sich die Enzymaktivität von ASM (engl. acid sphingomyelinase, dt. saure Sphingomyelinase) messen. Die Verdachtsdiagnose ASMD kann bestätigt werden, wenn der Test eine verminderte ASM-Enzymaktivität ergibt.
Neben einem Test nur für ASMD gibt es auch einen Trockenblut-Multitest. Mit diesem kann zusätzlich auf Morbus Gaucher und LAL-D (Lysosomaler saurer Lipase-Mangel) getestet werden. Die beiden Erkrankungen zählen ebenfalls zu den lysosomalen Speicherkrankheiten und weisen eine teilweise ähnliche Symptomatik auf. Ein gemeinsamer Test auf alle drei Erkrankungen ist daher sinnvoll.
3.6 Wie funktioniert der Trockenbluttest bei ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B)?
Zur Bestimmung der Enzymaktivität der sauren Sphingomyelinase wird Ihnen bei Ihrem/Ihrer Ärzt*in Blut abgenommen. Das Blut wird jedoch nicht, wie Sie es sonst kennen, in Röhrchen ins Labor geschickt. Für den Trockenbluttest werden einige Tropfen Blut auf eine spezielle Filterkarte, die Trockenblutkarte, getropft und an der Luft trocknen gelassen. Die Karte wird dann per Post in ein Labor geschickt. Im Labor wird das Blut wieder aus der Karte herausgelöst und mittels moderner Verfahren getestet.
3.7 Kann ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B) auch durch einen Gentest nachgewiesen werden?
Es gibt Veränderungen in den Genen, von denen bekannt ist, dass sie ASMD auslösen und auch welchen Typ von ASMD. Werden solche Veränderungen bei einem Gentest nachgewiesen, ist damit auch die Diagnose ASMD gesichert.
Allerdings gibt es auch genetische Veränderungen, bei denen nicht klar ist, ob sie tatsächlich zu einer Erkrankung führen. In solch einem Fall reicht ein Gentest allein für die Diagnose nicht aus. Dann muss noch ein Nachweis über eine verminderte Aktivität des Enzyms ASM erfolgen, um ASMD zu diagnostizieren.
3.8 Warum ist es sinnvoll, dass Ihr/Ihre Ärzt*in Sie nach Erkrankungen Ihrer näheren Verwandten (Eltern, Geschwister) fragt? Können diese auch betroffen sein?
ASMD ist eine Erbkrankheit, die Eltern an ihre Kinder weitergeben können – auch wenn die Eltern kein ASMD haben. Daher kann es sein, dass noch ein weiteres Familienmitglied von der Krankheit betroffen ist. Ein Familien-Screening auf ASMD kann helfen, schneller zu einer Diagnose zu gelangen, damit die Symptome frühzeitig behandelt werden können.
3.9 Welcher/Welche Ärzt*in ist bei einem Verdacht auf ASMD der/die richtige Ansprechpartner*in?
Sollten Sie Symptome haben, die den Verdacht nahelegen, dass deren Ursache ASMD (Niemann-Pick Typ A, A/B, B) ist, suchen Sie bitte Ihren/Ihre Hausärzt*in/Kinderärzt*in auf und sprechen Sie ihn/sie auf Ihren Verdacht an. Da die Erkrankung sehr selten ist, sind nur wenige Ärzt*innen mit ASMD vertraut. Daher wird Ihr/Ihre Hausärzt*in/Kinderärzt*in Sie an ein spezialisiertes Zentrum überweisen.
In solchen spezialisierten Zentren und Kliniken sind Ärzt*innen, die über umfangreiche Erfahrung und Wissen in der Diagnostik und Behandlung von Patient*innen mit ASMD verfügen.
4. Erkrankungen mit ähnlichen Symptomkonstellationen wie ASMD (Niemann-Pick Typ A, A/B, B)
Viele Symptome von ASMD ähneln denen anderer Erkrankungen, wie z.B. Blutkrebs, Erkrankungen des Herzens oder der Lunge. Bestimmte ASMD-Symptome überschneiden sich auch mit der Gaucher-Krankheit, einer weiteren seltenen Erbkrankheit, die sich mit der Zeit verschlimmern kann.
Verzögerungen bei der Diagnose sind aufgrund dieser Symptomüberlappung zwischen ASMD und anderen Erkrankungen häufig. Ihr/Ihre Äzt*in kann auf andere Krankheiten testen, um sicherzustellen, dass Sie eine genaue Diagnose erhalten.
Symptomatisch ähnliche Erkrankungen, mit denen ASMD verwechselt werden kann:
10,13,15,16,17,18,19,20,21,22
Vergrößerung | Lungen erkrankung | Vergrößerung | Verminderte | |
---|---|---|---|---|
ASMD | >90% | >80% | >70% | >50% |
Morbus | x | x | x | x |
Blutkrebs | x |
| x | x |
Tumore des | x | x | x | x |
Leberentzündung | x |
| x | x |
Herzschwäche |
| x | x |
|
Mukoviszidose |
| x | x |
|
Niemann-Pick | x |
| x |
|
Saurer |
|
| Lebererkrankung |
|
5. Therapie bei ASMD
Die Erkrankung ASMD (Typ A/B und B) kann behandelt werden. Für weitere Informationen wenden Sie sich gerne an Ihren/Ihre behandelnden/behandelnde Ärzt*in oder an ein ASMD-Kompetenzzentrum in Ihrer Nähe.
6. ASMD Zentren Deutschland
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie – oder eventuell auch Ihr Kind – an ASMD erkrankt sein könnten, sollten Sie sich an einen/eine Ärzt*in Ihres Vertrauens wenden.
Auf Grund der Symptomatik sind bestimmte Fachärzt*innen wie Pädiater*innen, Hämatolog*innen, Gastroenterolog*innen oder Pneumolog*innen gute Ansprechpartner*innen.
Allerdings ist ASMD so selten, dass nicht auf diese Erkrankung spezialisierte Ärzt*innen möglicherweise selbst erst einmal nachschlagen müssen.
Derzeit gibt es eine wachsende Anzahl an Zentren mit spezialisierten Ärzt*innen, die Expert*innen auf dem Gebiet ASMD sind. Diese Kompetenzzentren verfügen über umfangreiches Fachwissen und sind untereinander gut vernetzt.
Hinweis:
Die auf dieser Website befindliche Liste von spezialisierten Kliniken bzw. Zentren ist nicht abschließend. Bislang nicht aufgeführte Zentren können jederzeit ergänzt werden.
oder
Literatur
1 Desnick JP et al. Mol Med. 2010;16:316-321.
2 Schuchman EH. J Inherit Metab Dis. 2007;30:654-663.
3 Wasserstein MP, University of Washington, Seattle, 2006. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK1370/
4 McGovern MM et al. Genet Med 2017; 19: 967-974.
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MAT-DE-2005996
MAT-DE-2102783
MAT-DE-2202903
Saurer Sphinomyelinasemangel ASMD (Morbus Niemann Pick Typ A, A/B, B)
Was ist ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B)?
ASMD ist eine progressive, lebensbedrohliche, multisystemische Krankheit, die sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen auftreten kann. Symptome umfassen besonders eine Spleno- und/oder Hepatomegalie, eine interstitielle Lungenerkrankung und eine Thrombozytopenie; ein Teil der Patient*innen weist zusätzlich eine neuronale Beteiligung auf.
Die moderne Bezeichnung ASMD ersetzt den bisher gebräuchlichen Namen Morbus Niemann Pick Typ A, A/B und B. Sie leitet sich aus der Krankheitsursache ab (Acid Sphingomyelinase Deficiency; deutsch: saurer Sphingomyelinase-Mangel) und verdeutlicht die Abgrenzung gegenüber Morbus Niemann Pick Typ C. Dieser hat, wie man heute weiß, eine teilweise überlappende Symptomatik, aber eine andere molekulare Ursache (McGovern 2017b). Diese Website behandelt ausschließlich ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B und B).1
ASMD ist eine autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung, welche durch eine reduzierte oder kaum vorhandene Aktivität des Enzyms saure Sphingomyelinase hervorgerufen wird: Patient*innen können Sphingomyelin nicht in ausreichendem Maß abbauen. In der Folge akkumulieren Sphingomyelin sowie weitere Lipide in den Lysosomen, insbesondere von Monozyten/Makrophagen und Hepatozyten. Diese entwickeln sich zu sogenannten Schaumzellen – es kommt zu zunehmenden Schädigungen zunächst auf zellulärer und später auf Organebene. In schweren Fällen ist auch das zentrale Nervensystem betroffen.2
Die lysosomale Speichererkrankung ist mit einer geschätzten Prävalenz bei der Geburt von 0,4 bis 0,6/100.000 Einwohner*in sehr selten. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen; besonders ASMD Typ A kommt bei Menschen Ashkenazi-jüdischer Abstammung häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung.1
Eine frühe Diagnose und damit verbunden ein frühzeitiges Management der Symptome können dazu beitragen, Unsicherheiten zu beseitigen und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.1,3
Welche Typen von ASMD gibt es?
Bei ASMD handelt es sich um ein Erkrankungsspektrum, das von der Restaktivität der sauren Sphinomyelinase, dem Grad der neuronalen Beteiligung, der Progressionsrate sowie möglicherweise weiteren, bislang unbekannten Faktoren beeinflusst wird.1 Es werden drei Typen unterschieden, wobei die Übergänge fließend sind (ICD 10-Code für alle Typen: E75.2). Am häufigsten ist Typ B2 – eine ASMD-Diagnostik ist daher auch bei Erwachsenen wichtig.
Typ A5,6 | Typ A/B7,8 | Typ B7,9,10 (häufigste Form) | |
---|---|---|---|
Verlauf | infantil neuroviszeral | chronisch neuroviszeral | chronisch viszeral |
Auftreten | kurz nach der Geburt oder in den ersten Lebensmonaten | Säuglingsalter bis Kindheit | kann in jedem Alter auftreten |
Klinische Merkmale | Beeinträchtigung mehrerer Organe, schwerwiegende Störung des zentralen Nervensystems, rasches Fortschreiten der Erkrankung | betrifft wie Typ B mehrere Organe, verschlechtert sich langsamer als Typ A, variable Beteiligung des zentralen Nervensystems | betrifft mehrere Organe, verschlechtert sich langsamer als Typ A, geringe bis keine Beteiligung des zentralen Nervensystems |
Anzeichen und Symptome |
|
|
|
Lebenserwartung | ca. 3 Jahre | variiert zwischen Kindes- und frühem Erwachsenenalter | Erreichen des Erwachsenenalters |
Häufige Todesursachen | Lungenerkrankung, Komplikationen durch Blutungen | Lungenerkrankung, Lebererkrankung | Lungenerkrankung, Lebererkrankung |
Klassifikation ASMD (saure Sphingomyelinase-Defizienz) |
1. Symptome ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B)
Das klinische Bild von ASMD umfasst ein Erkrankungsspektrum:
Infantile neuroviszerale ASMD (Niemann Pick Typ A)
Patient*innen mit infantilem neuroviszeralem ASMD Typ A zeigen bereits im frühen Säuglingsalter eine Hepatosplenomegalie, Lungenbeteiligung sowie eine schwere Beteiligung des zentralen Nervensystems. Auf eine kurze Phase normaler Entwicklung folgt zunächst ein Plateau, woraufhin das Kind bereits erlernte Fähigkeiten wieder verliert. Weitere wichtige klinische Merkmale sind eine zunehmende Hypotonie, Ernährungsschwierigkeiten, cholestatische Gelbsucht und Gedeihstörung. Typisch ist auch ein kirschroter Fleck in der Makula. Der Tod tritt fast immer vor dem dritten Geburtstag ein; Todesursache ist meist respiratorisches Versagen nach Atemwegsinfekten.1
Chronische neuroviszerale ASMD (Niemann Pick Typ A/B) oder chronisch viszeraler (Niemann Pick Typ B)
Patient*innen mit chronisch neuroviszeraler (Typ A/B) oder chronisch viszeraler (Typ B) Erkrankung zeigen ebenfalls eine Hepatosplenomegalie und Lungenbeteiligung. Die Beteiligung des zentralen Nervensystems kann bei Typ A/B unterschiedlich stark ausgeprägt sein; bei Typ B ist es nicht oder nur geringfügig beteiligt. Während die Progression bei Typ A/B variabel ausfallen kann, verläuft sie bei Typ B langsamer. Bei beiden Typen umfasst die Symptomatik hämatologische, kardiale, gastrointestinale und muskuloskeletale Manifestationen. Bei Erkrankungsbeginn im Kindesalter sind ein verzögertes Wachstum sowie verspätete Pubertät typisch. Zu den häufigsten Todesursachen gehört neben dem respiratorischen auch das Leberversagen.1,4
Die Symptomatik im Einzelnen:
a. Milz und Leber

Vergrößerungen von Milz und Leber gehören zu den ersten Symptomen von ASMD und treten bei fast allen Patient*innen auf (Milz: > 90 %) (McGovern 2017b). Besonders die Milz kann ein Vielfaches ihres normalen Volumens einnehmen (Wasserstein 2019), sodass bei Säuglingen oder Kleinkindern ein vorgewölbtes Abdomen auffällt. Ältere Patient*innen berichten möglicherweise über (Ober-)Bauchbeschwerden und/oder Völlegefühl.4

Mehr als 70 % der Patient*innen zeigen eine Hepatomegalie. Bei Patient*innen mit Typ A/B oder B kommt es im Verlauf häufig zu einer Fibrosierung der Leber und evtl. auch zu einer Leberzirrhose. Die Transaminasen können als Ausdruck einer eingeschränkten Leberfunktion erhöht sein.1,2 Die Lebererkrankung trägt bei der viszeralen Verlaufsform erheblich zur Morbidität bei und stellt eine der häufigsten Todesursachen dar.4
b. Lunge

Bei der Mehrheit der Patient*innen mit ASMD ist die Lungenfunktion eingeschränkt: In der Bildgebung lässt sich bei mehr als 80 % eine interstitielle Lungenerkrankung nachweisen. Die progressive Einschränkung der Lungenfunktion äußert sich in zunehmenden Atembeschwerden; Infektionen der Atemwege inklusive Lungenentzündungen kommen gehäuft vor. Respiratorisches Versagen ist die häufigste Todesursache bei Typ A sowie eine der häufigsten bei Typ A/B und B.1,2
c. Blut

Mehr als die Hälfte aller Patient*innen mit ASMD weist eine Thrombozytopenie auf, die mit einer Neigung zu Hämatomen und einer Blutungsneigung (häufiges Nasenbluten, Menorrhagie, Blutungen nach operativen Eingriffen etc.) einhergehen kann. Auch starke Blutungen können zum Tod führen.2 Je rund ein Viertel aller Patient*innen zeigen eine Leukopenie oder eine Anämie.2
d. Gehirn und Nervensystem
Patient*innen mit ASMD Typ A zeigen eine schwere Beteiligung des Nervensystems: Erste neurologische Symptome treten typischerweise mit etwa einem halben Jahr auf; im Alter von rund zehn Monaten stoppt die Entwicklung, gefolgt von rascher Neurodegeneration. Die Kinder verlernen bereits erworbene Fähigkeiten (Verhalten, Sprache, Fein- und Grobmotorik) wieder. Es zeigen sich ein Verlust der tiefen Sehnenreflexe und eine progressive Hypotonie.2
Bei dem intermediären Typ A/B schreitet die neuronale Beteiligung langsamer voran als bei Typ A. Häufig werden eine Ataxie, eine deutliche Verzögerung der motorischen Entwicklung sowie Lernschwierigkeiten beobachtet.1
Dagegen zeigen Patient*innen mit ASMD Typ B nur eine geringfügige oder gar keine neuronale Beteiligung, eine Neurodegeneration wird nicht beobachtet.1
e. Augen
Viele Patient*innen mit ASMD Typ A oder Typ A/B entwickeln im Verlauf einen kirschroten Makulafleck.1
f. Herz und Blutgefäße
Kardiovaskuläre Symptome können bei ASMD Typ A/B oder B auftreten. Dazu gehören eine Dyslipidämie mit erhöhtem LDL-Cholesterin, VLDL-Cholesterin und Triglyzeriden. Das HDL-Cholesterin dagegen ist erniedrigt. Dieses pro-atherogene Lipidprofil kann die frühe Entwicklung einer koronaren Herzerkrankung begünstigen. Darüber hinaus weist ein Teil der Patient*innen Veränderungen an den Herzklappen auf.1
g. Magen und Verdauungssystem
Patient*innen mit ASMD Typ A/B oder B berichten gehäuft über Bauchschmerzen sowie über Durchfall.1
h. Knochen und Gelenke
Viele Patient*innen mit chronischen Verläufen von ASMD berichten über Schmerzen in den Knochen und Gelenken. Häufig werden eine reduzierte Knochendichte und pathologische Frakturen beobachtet.1
i. Wachstum und Entwicklung
Die Knochenreifung ist verzögert und das Wachstum in der Kindheit eingeschränkt (McGovern 2017a). Typisch sind außerdem Entwicklungsverzögerungen in der Kindheit, eine verzögerte Pubertät sowie ein Verlust der Beweglichkeit und Koordination.2
j. Chronische Müdigkeit
Regelmäßig geht ASMD mit chronischer Müdigkeit und Fatigue einher, was die Möglichkeiten der Teilhabe, abgesehen von den beschriebenen körperlichen Einschränkungen, weiter einschränkt.
Cave: Es müssen nicht alle Manifestationen bei jedem/jeder Patient*in gleich stark ausgeprägt sein; manche können auch zeitlich versetzt auftreten oder fehlen. Auch bei Patient*innen, die lediglich einen Teil der Merkmale aufweisen, sollte ASMD daher in Erwägung gezogen werden.
2. Diagnostik ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B)
a. Bei welchen Anzeichen und Symptomkombinationen sollte auf jeden Fall der Verdacht auf ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B) fallen?
Eine Splenomegalie, ggf. in Verbindung mit einer Hepatomegalie, sollte auch an ASMD denken lassen – besonders wenn andere Ursachen ausgeschlossen wurden und (in Abhängigkeit des Alters) weitere Merkmale, die auf ASMD hindeuten:
b. Welche Untersuchungen können bei der Diagnostik zu ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B) hilfreich sein?
Um die Manifestationen in den einzelnen Organen nachzuweisen, kommen die in den Fachdisziplinen üblichen Untersuchungsmethoden zum Einsatz, wie beispielsweise:
Untersuchung | Manifestation |
---|---|
Ultraschall | Hepatosplenomegalie |
Röntgen, Computertomographie | Lungenerkrankung |
Lungenfunktionstests | Lungenerkrankung |
Blutbild | hämatologischen Veränderungen |
c. Weshalb ist eine frühe Diagnose von ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B) so wichtig für den/die Patient*in?
Eine frühe Diagnose und Management der Symptome können dazu beitragen, Unsicherheiten zu beseitigen und die Lebensqualität der Patient*innen zu verbessern.1,3
d. Vorgehen bei einem ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B) Verdachtsfall
Bei Verdacht auf ASMD kann dieser unkompliziert mittels Trockenbluttests abgeklärt werden: Die Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, unterstützt die Diagnostik-Initiative für lysosomale Speicherkrankheiten von ARCHIMED Life Science GmbH. Daher kann ARCHIMED Life Ärzt*innen die Trockenbluttestung kostenfrei anbieten.
e. Wie bzw. mit welchem Test kann ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B) nachgewiesen werden?
Bei einem Verdacht auf ASMD bietet sich ein Trockenbluttest zur Überprüfung an: Damit lässt sich die Enzymaktivität der sauren Sphinomyelinase einfach messen und die Diagnose so sichern. Mit demselben Test kann auch der Biomarker Lyso-SPM nachgewiesen werden. Außerdem ist auch die Analyse des SMPD1-Gens aus derselben Trockenblutkarte möglich.
Neben einem Mono-Test für ASMD existiert auch ein Trockenblut-Multitest, mit dem zusätzlich auf Morbus Gaucher und LALD getestet werden kann, welche eine teilweise überlappende Symptomatik aufweisen.
f. Wie funktioniert die Bestimmung der Enzymaktivität mittels eines Trockenbluttests bei ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B)?
Die Bestimmung der Enzymaktivität der sauren Sphinomyelinase ist heute per Trockenbluttest möglich. Dafür werden einige Tropfen EDTA-Blut auf eine Trockenblutkarte aufgetropft und an der Luft trocknen gelassen. Die Karte wird zusammen mit dem ausgefüllten Laborbogen per normaler Post an das Labor geschickt. Eine Abstimmung des Termins der Blutentnahme auf Kurierzeiten ist somit nicht notwendig. Im Labor der ARCHIMED Life Science GmbH wird die Enzymaktivität mit großer und reproduzierbarer Genauigkeit bestimmt.
g. Kann ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B) auch genetisch (mittels eines Gentests) nachgewiesen werden?
Im Prinzip ja – es kommt darauf an: Von manchen genetischen Varianten ist bekannt, dass sie pathogen sind, und von einigen weiß man darüber hinaus, mit welchem Typ von ASMD sie assoziiert sind. Werden solche Mutationen nachgewiesen, ist damit praktisch auch die Diagnose ASMD gesichert. Andererseits können mittels Sequenzierung auch genetische Varianten gefunden werden, von denen bislang nicht bekannt ist, ob sie zur Erkrankung führen. In solchen Fällen ist der Nachweis einer verminderten Enzymaktivität zur Sicherung der Diagnose unverzichtbar. Grundsätzlich wird empfohlen, nach einer enzymatischen Diagnose auch eine genetische Analyse zur Bestätigung durchzuführen.
h. Macht eine Familienanamnese Sinn und kann auch ein Geschwisterkind davon betroffen sein?
Grundsätzlich wird bei genetisch bedingten Erkrankungen immer die Erstellung eines Stammbaums empfohlen. Aufgrund des autosomal-rezessiven Erbgangs besteht bei Geschwistern des/der Patient*in eine 25-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass sie ebenfalls betroffen sind.
Darüber hinaus ergibt sich aus dem Erbgang, dass die Geschwister der Eltern des/der Patient*in mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit Träger eines veränderten Allels sind – eine Information, die Ihre Patient*innen bei der Familienplanung berücksichtigen sollten.
i. Welcher/welche Ärzt*in bzw. med. Kolleg*in ist bei einem ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B) Verdachtsfall der/die richtige Ansprechpartner*in?
Als Stoffwechselerkrankung fällt ASMD in die Domäne eines spezialisierten Zentrums. Aufgrund der Seltenheit sind nur wenige Ärzt*innen mit ASMD vertraut. Wegen der vielfältigen Symptomatik ist typischerweise die Betreuung durch ein multidisziplinäres Team erforderlich; dazu gehören besonders Pädiater*innen (bei betroffenen Kindern), Hepatolog*innen, Pneumolog*innen, Gastroenterolog*innen und Hämatolog*innen.4
Es gibt in Deutschland spezialisierte Kliniken und Zentren, die über Expertise und Erfahrung in der Diagnose und Therapie von Patient*innen mit ASMD verfügen. Eine Liste ist in Bearbeitung und folgt zu einem späteren Zeitpunkt.
3. Mögliche Differentialdiagnosen von ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B)
Symptome von ASMD können denen von anderen lysosomalen Speicherkrankheiten, malignen hämatologischen Erkrankungen oder Herz- und Lungenkrankheiten ähneln:
Differentialdiagnosen von ASMD, nach 1,2,12,13,14,15,16,17,18,19
Splenomegalie | interstitielle Lungenerkrankung | Hepatomegalie | Thrombozytopenie | |
---|---|---|---|---|
ASMD | >90% | >80% | >70% | >50% |
Morbus Gaucher | x | x | x | x |
Akute lymphatische Leukämie (ALL) | x |
| x | x |
Non-Hodgekin-Lymphome | x | x | x | x |
Chronische Hepatitis B | x |
| x | x |
Chronische Herzinsuffizienz |
| x | x |
|
Mukoviszidose |
| x | x |
|
Cystische Firbiose |
| x | x |
|
Niemann Pick Typ C | x |
| x |
|
Saurer Lipasemangel |
|
| Lebererkrankung |
|
Differentialdiagnosen von ASMD, nach 1,2,12,13,14,15,16,17,18,19
4. Vererbung ASMD (Niemann Pick Typ A, A/B, B)
a. Ist ASMD vererbbar?
ASMD ist eine erbliche Erkrankung. Die Ursache von ASMD sind pathogene Varianten (Mutationen) im Sphingomyelin-Phosphodiesterase-1 (SMPD1)-Gen, das für die saure Sphingomyelinase kodiert. Heute sind über 180 Varianten beschrieben. Von einigen von ihnen ist bekannt, dass sie mit bestimmten Verlaufsformen (Typ A, A/B bzw. B) assoziiert sind.1
b. Wie sieht der Erbgang bei ASMD aus?
Der Erbgang bei ASMD ist autosomal-rezessiv.1 Den Regeln der Genetik zufolge erkrankt ein Kind dann, wenn es von beiden Eltern ein fehlerhaftes Gen geerbt hat.
Wenn beide Eltern Träger eines Gendefekts und damit Überträger*in der Erkrankung sind, besteht bei Geschwistern eines/einer Patient*in eine
- 25-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass sie erkranken,
- 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht erkranken, aber Überträger*in der Erkrankung sind,
- 25-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass sie gesund und auch keine Überträger*in sind.

Zudem besteht bei Geschwistern beider Eltern eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass sie Überträger der Erkrankung sind.
c. Was sollte den Familienangehörigen bzw. Geschwistern eines/einer neu diagnostizierten ASMD Patient*in empfohlen werden?
Wird bei einem Familienmitglied ASMD diagnostiziert, empfehlen sich eine genetische Beratung sowie die Testung der Geschwister. Sie ermöglichen informierte Entscheidungen hinsichtlich eines potentiell notwendigen Managements der Symptome und der weiteren Familienplanung. Es sollte – ausgehend von dem/der Indexpatient*in – auch die Erstellung eines Familienstammbaums angeboten werden.
5. ASMD-Therapie
Es gibt eine kausale Behandlungsoption bei nicht das ZNS-betreffenden Manifestationen von ASMD Typ A/B und B. Bitte wenden Sie sich für weitere Informationen an ein in Ihrer Nähe befindliches ASMD-Kompetenzzentrum.
6. ASMD Zentren (Niemann Pick Typ A, A/B, B)
Gibt es spezielle (Behandlungs-) Zentren / Kliniken mit spezialisierten Ärzten für ASMD?
Deutschlandweit gibt es derzeit eine wachsende Anzahl an Zentren mit spezialisierten Kolleg*innen, die Expert*innen auf dem Gebiet ASMD sind. Die Kompetenzzentren verfügen über umfangreiches Fachwissen und sind untereinander und international gut vernetzt. Sie unterstützen bei Bedarf auch den fachlichen Kompetenzaufbau von Ärzt*innen, die einen/eine ASMD-Patient*in neu diagnostiziert und noch keine eigene Erfahrung mit der Krankheit haben.
Hinweis:
Die auf dieser Website befindliche Liste von spezialisierten Kliniken bzw. Zentren ist nicht abschließend. Bislang nicht aufgeführte Zentren können jederzeit ergänzt werden.
oder
1 McGovern MM et al. Genet Med 2017; 19: 967-974
2 McGovern MM et al. Orphanet J Rare Dis 2017; 12: 41
3 Henderson SL et al. Am J Med Genet A 2009; 149A: 2430-2436
4 Wasserstein M et al. Mol Genet Metab 2019; 126: 98-105
5 Wasserstein MP, University of Washington, Seattle, 2006. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK1370/
6 McGovern MM et al. Neurology 2006; 66: 228-232
7 McGovern MM et al. Genet Med 2013; 15: 618-623
8 Cox GF et al. JIMD Rep 2018; 41: 119-129
9 McGovern MM et al. Pediatrics 2008; 122: e341-e349
10 Wasserstein MP et al. Pediatrics 2004; 114: e672-e677
11 Schuchmann EH, Desnick RJ. Mol Genet Metab 2017; 120: 27-33
12 Grabowski GA et al. Eur J Pediatr 2004; 163: 58-66
13 Larson RA, Anastasi J. Acute lymphoblastic leukemia: clinical presentation, diagnosis, and classification. In: Estey EH, Faderl SH, Kantarjian HM, eds. Hematologic Malignancies: Acute Leukemias. Heidelberg, Germany: Springer- Verlag; 2008: 109-118
14 Freedman A. Am J Hematol 2018; 93: 296-305
15 Shankland KR et al. Lancet 2012; 380: 848-857
16 Liang JT. Hepatology 2009; 49: S13-S21
17 Watson RDS et al. BMJ 2000; 320: 236-239
18 Kobelska-Dubiel N et al. Prz Gastroenterol 2014; 9: 136-141
19 Naehrig S et al. Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 564-574
MAT-DE-2005996
MAT-DE-2102783
MAT-DE-2202903