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Häufige Symptome, die auf Mukopolysaccharidose Typ I (MPS I) hinweisen können

Häufige Symptome, die auf Mukopolysaccharidose Typ I (MPS I) hinweisen können

Paul, attenuierte Verlaufsform*

„Mein Kind war in der Entwicklung etwas verzögert. Er hatte Schwierigkeiten das Fahrradfahren zu erlernen und ist erst sehr spät gekrabbelt und gelaufen"

MPS I – eine seltene und schwer zu diagnostizierende Erkrankung

Mukopolysaccharidose Typ 1 oder kurz MPS 1 gehört mit über 6.000 anderen Erkrankungen zu den so genannten „seltenen Erkrankungen“. Sie äußert sich häufig schon im Kindesalter, geht mit gesundheitlichen Einschränkungen einher und ist chronisch in ihrem Verlauf. Aufgrund ihrer Seltenheit, nur einer von etwa 75.000–100.000 Menschen ist betroffen, und der nicht eindeutigen Symptome kann es passieren, dass für Ärzte die Diagnosestellung ähnlich wie bei vielen anderen seltenen Erkrankungen eine große Herausforderung ist.

Erste Symptome: Einfache Kinderkrankheit oder doch MPS I?

Die ersten Symptome von MPS 1 sind sehr unspezifisch, d.h. die Symptome deuten nicht auf eine bestimmte Erkrankung hin, sondern lassen zunächst an einfache Kinderkrankheiten denken. Hierzu zählen:

  • Häufige Mittelohrentzündungen
  • Wiederkehrende Atemwegsinfekte
  • Eine immerzu laufende Nase (chronische Rhinitis)
  • Nabel- oder Leistenbrüche

Diese Symptome sind bei Kindern an sich sehr häufig. Erst wenn zusätzlich Symptome hinzukommen oder sich bereits bestehende Symptome verschlechtern, werden Eltern und Ärzte hellhörig.

Dies können folgende Symptome sein:

  • Eine zunehmende Bewegungseinschränkung der Gelenke (das Kind wirkt steifer und weniger beweglich als andere gleichaltrige Kinder)
  • Steife und leicht krumme Fingerspitzen
  • Eine Verzögerung in der Entwicklung
  • Atemgeräusche, wie z. B. Schnarchen oder Schnaufen

Die folgende Grafik (Abb. 1) zeigt die häufigsten Symptome bei MPS I nach Alter:

Bis 2 Jahre

Kopf

  • Vergröberte Gesichtszüge
  • Vergrößerte Zunge
  • Großer Kopf

Knochen / Gelenke

  • Kleine Statur
  • Knickfuß /Spitzfuß
  • Steife Gelenke

Herz

  • Herzgeräusche / Herzklappenerkrankung

Neurologisch

  • Geistige Retardierung
  • Karpaltunnelsyndrom

Augen

  • Hornhauttrübung

HNO

  • Wiederkehrende Mittelohrentzündungen
  • Häufige Atemwegsinfekte
  • Atemgeräusche / Schnarchen

Bauch /Abdomen

  • Dicker Bauch
  • Nabel- / Leistenbruch
  • Häufige Durchfälle

Motorik

  • Verzögerte motorische Entwicklung
  • Häufiges Symptom
  • Seltenes Symptom

Ab 2 Jahre

Kopf

  • Vergröberte Gesichtszüge
  • Vergrößerte Zunge
  • Großer Kopf

Knochen / Gelenke

  • Kleine Statur
  • Knickfuß /Spitzfuß
  • Steife Gelenke

Herz

  • Herzgeräusche / Herzklappenerkrankung

Neurologisch

  • Geistige Retardierung
  • Karpaltunnelsyndrom

Augen

  • Hornhauttrübung

HNO

  • Wiederkehrende Mittelohrentzündungen
  • Häufige Atemwegsinfekte
  • Atemgeräusche / Schnarchen

Bauch /Abdomen

  • Dicker Bauch
  • Nabel- / Leistenbruch
  • Häufige Durchfälle

Motorik

  • Verzögerte motorische Entwicklung
  • Häufiges Symptom
  • Seltenes Symptom

Abbildung 1: Typische Symptome einer MPS I-Erkrankung nach Alter. Quelle: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH

Von Facharzt zu Facharzt – und niemand kann helfen?

Besorgte Eltern und Betroffene werden je nach vorherrschendem Symptom nach einer ersten Abklärung durch den Haus- oder Kinderarzt an entsprechende Fachärzte überwiesen. Aber auch die Fachärzte können Diagnosen stellen, die im Rückblick nicht korrekt sind, da die Symptome nicht vermuten lassen, dass eine seltene Erkrankung wie MPS I dahintersteckt. Die eingeleiteten Therapien, wie z. B. Physiotherapie bei steifen Gelenken, führen meist nicht zum Erfolg.

Häufig aufgesuchte Fachärzte sind u. a. Orthopäden, Rheumatologen, Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Chirurgen, Neurologen sowie Kardiologen.

MPS I – Symptome verschlechtern sich

MPS I ist eine sogenannte progrediente Progredienz oder Progression ist ein medizinischer Fachausdruck für die Verschlechterung oder das Fortschreiten einer Erkrankung. Krankheit. Das bedeutet, dass mit der Zeit immer mehr Symptome hinzukommen und sich die bestehenden Symptome weiter verschlechtern. Patienten mit MPS I können auch eine geringere Lebenserwartung haben als Gesunde.

Dies ist schematisch in der folgenden Abbildung dargestellt (Abb. 2).

Abbildung 2: Schema zum typischen Krankheitsverlauf einer Mukopolysaccharidose; (Sanofi-Aventis Deutschland GmbH)

Kann sich MPS I in verschiedenen Schweregraden zeigen?

MPS I kommt in drei VerlaufsformenDie klassische Einteilung bei MPS I unterscheidet drei Verlaufsformen: Morbus Hurler, Morbus Hurler-Scheie, Morbus Scheie vor. Bei der schwersten Verlaufsform Morbus Hurler Der Name Morbus Hurler, stammt von einer deutschen Kinderärztin aus München, Gertrud Hurler, die als erste im Jahr 1920 einen MPS I-Patienten in einer wissenschaftlichen Zeitschrift beschrieb. treten die Symptome bereits im ersten Lebensjahr auf und verschlechtern sich rapide. Bei den verzögerten, den sogenannten attenuierten Verlaufsformen Morbus Hurler-Scheie (intermediärer oder mittelschwerer Verlauf) und Morbus ScheieDer Name Morbus Scheie stammt von dem amerikanischen Augenarzt Harold Scheie, der 1962 als Erster mehrere Fälle von Patienten mit milden Auffälligkeiten, Gelenkanomalien, Hornhauttrübung und normaler Intelligenz beschrieb. (leichter Verlauf) treten die Symptome später auf, sind weniger schwerwiegend und schreiten langsamer voran, was eine frühe Diagnose zusätzlich erschwert.

Einen ersten Hinweis auf den Schweregrad der Erkrankung kann das Alter beim Auftreten erster Symptome liefern. Hier gilt: je früher die ersten Symptome auftreten, umso schwerer kann der Verlauf der Erkrankung sein.

Welche Symptome weisen auf die schwere Verlaufsform hin?

Kinder mit Morbus Hurler sind bei Geburt meist etwas größer und wirken zunächst gesund. Zu den ersten Symptomen, die bereits früh im ersten Lebensjahr auftreten können, zählen:

  • Nabel- oder Leistenbrüche, die trotz operativer Behandlung wiederkehren
  • Veränderungen an der Wirbelsäule in Form eines „Buckels“ (Fachbegriff: Kyphose) oder einer knickförmigen Krümmung (Fachbegriff: Gibbus oder Spitzbuckel)
  • Zunehmende Vergröberung der Gesichtszüge
  • Atemgeräusche wie Schnaufen oder Schnarchen
  • Vorwölbung des Bauches (durch Vergrößerung von Leber und Milz, Fachbegriff: Hepatosplenomegalie)
  • Trübung der Hornhaut im Auge
  • Starke Entwicklungsverzögerung mit einer zunehmenden geistigen Behinderung

Da die Symptome des Morbus Hurler schon früh auftreten und sehr charakteristisch und auffällig sind, wird diese Form der Erkrankung auch meist schnell diagnostiziert.

Welche Symptome weisen auf eine leichtere, „attenuierte“ Verlaufsform der MPS I hin?

Die Symptome der attenuierten, also abgeschwächten Formen der MPS I ähneln denen der Hurler-Verlaufsform, sind jedoch milder und treten meist erst später auf. Der wichtigste Unterschied zur schweren Verlaufsform ist, dass die Kinder eine weniger auffällige oder keine Verzögerung in der Entwicklung aufweisen und eine mentale Retardierung meist nicht vorhanden ist.

MPS I-Symptome, die ins Auge fallen

Es gibt MPS I-Symptome, die auf einen Blick zu sehen sind. Dazu zählen eine zunehmende Gelenkbeteiligung (in Form von Steifheit oder Verkrümmung der Gelenke), Probleme in der Fein- sowie in der Grobmotorik, ein auffälliges Bewegungs- und Gangmuster, ein eingeschränktes oder verlangsamtes Wachstum, ein vorgewölbter Bauch und, bei schwereren Verläufen, veränderte Gesichtszüge.

Knochen und GelenkeDie Veränderungen in den Fingern und Gelenken bei MPS I werden häufig mit Rheuma verwechselt.

Bei allen Formen der MPS I sind die Knochen und Gelenke der Patienten in unterschiedlicher Ausprägung betroffen. Die Bänder und Sehnen der großen und kleinen Gelenke sind verkürzt (Fachbegriff: Gelenkkontrakturen), wodurch es zu einer zunehmenden Steifheit und eingeschränkten Beweglichkeit der betroffenen Gelenke kommt.

Im Verlauf der Erkrankung kommt es auch zunehmend zu einer Verformung der Knochen, die je nach Verlaufsform stärker oder schwächer ausgeprägt ist. Diese MPS-typischen Veränderungen sind auf Röntgenbildern gut zu erkennen und werden mit dem Fachbegriff Dysostosis multiplex beschrieben.

Zu diesen Veränderungen zählen u. a. eine Verkrümmung der Wirbelsäule (Fachbegriffe: Skoliose, Kyphose, Gibbus), Hüft- und Kniefehlstellungen sowie Veränderungen von Schädel, Schlüsselbein und Rippen.

Fingergelenke Viele MPS I-Patienten werden aufgrund der Gelenkprobleme mit Verdacht auf Rheuma zu Rheumatologen oder Kinderrheumatologen überwiesen. – bei MPS I schon früh betroffen

Ein frühes Anzeichen der attenuierten Verlaufsformen der MPS 1 ist eine zunehmende Verkrümmung und Versteifung der Fingerkuppen (Abb. 3). Erste Anzeichen sind der Verlust der Feinmotorik der Hände, d. h. Betroffene können z. B. Spielkarten nicht (mehr) normal greifen oder haben zunehmende Probleme einen Stift zu halten oder gar zu schreiben. 

Besonders bei den attenuierten Verlaufsformen werden diese Veränderungen der Gelenke häufig mit denen von rheumatischen Erkrankungen (wie z. B. juvenile idiopathische Arthritis, rheumatoide Arthritis, rheumatisches Fieber) verwechselt. Wichtigster Unterschied zu diesen weitaus häufigeren Erkrankungen ist, dass bei einer MPS I jegliche Entzündungszeichen (wie Schwellung, Rötung und Überwärmung) fehlen sowie keine Auffälligkeiten im Blutbild zu sehen sind.

Abbildung 3: Typische Veränderung der Fingerendgelenke bei MPS I. (Bildquellen: A) mit freundlicher Genehmigung von V. Munoz; B) und C) Sanofi-Aventis Deutschlanf GmbH)

Steife Gelenke

Im Laufe einer MPS I-Erkrankung kann es zu einer zunehmenden Einschränkung der Gelenkbeweglichkeit kommen. Ein schon früh im Verlauf betroffenes Gelenk ist das Schultergelenk. Betroffene haben dann z. B. Probleme, einen Ball über Kopf zu werfen, oder sie sind nicht (mehr) in der Lage einen Pullover anzuziehen und benötigen dabei Hilfe. Auffällig ist, dass es den Erkrankten nicht mehr gelingt, die Arme gerade über den Kopf zu strecken (Abb. 4):

Abbildung 4: Eingeschränkte Schulterbeweglichkeit bei MPS I. (Bildquelle: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH)
Auf der Bildabfolge ist die eingeschränkte Schulter- und Ellbogenbeweglichkeit des Jungen deutlich zu erkennen. Beim Werfen des Balles ist es dem Patienten nicht möglich das Ellbogen- und Schultergelenk zu strecken.

X-Beine

Neben den Schultergelenken können u. a. auch die Kniegelenke durch MPS I betroffen sein. Besonders auffällig ist dabei eine Kniefehlstellung (Fachbegriff: Genu valgum), die als X-Beine erkennbar wird und sich im Verlauf verschlechtert (Abb. 5). Diese Veränderung führt zunehmend zu Schmerzen und einem Verlust der Beweglichkeit.

Abbildung 5: X-Beine bei MPS I. (Bildqulle: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH)

Watschelgang

MPS I-Patienten haben häufig ein verändertes Gangmuster, sie scheinen zu Watscheln. Ursache dafür ist eine Fehlstellung der Hüftknochen, einer sogenannten Hüftdysplasie. Bei der schweren Verlaufsform wird eine solche Hüftdysplasie häufig schon bei Geburt festgestellt und behandelt, bei den attenuierten Verlaufsformen wird sie meist erst im Laufe der Erkrankung auffällig und äußert sich neben dem auffälligen Gangmuster (Watschelgang) auch durch zunehmende Schmerzen im Hüftbereich.

Zehenspitzengang

Kinder, die Laufen lernen, probieren verschiedene Gangarten aus und laufen so auch gerne auf den Zehenspitzen bzw. auf dem Vorfuß. Ab einem Alter von etwa zwei Jahren treten sie jedoch normalerweise mit dem ganzen Fuß auf. Manche Kinder gehen allerdings weiterhin auf Zehenspitzen. Dies kann durch verkürzte Sehnen und Muskeln des Fußes verursacht werden und könnte ein Hinweis auf eine MPS I-Erkrankung sein.

Verzögerung des Wachstums

Viele Patienten mit MPS I zeigen ein verringertes Größenwachstum. Gerade bei den verzögerten (attenuierten) Verlaufsformen kann das Wachstumsmuster in Kombination mit anderen Symptomen einen entscheidenden Hinweis auf das Vorliegen einer MPS 1 liefern. Kinder mit einer solchen Verlaufsform wachsen in den ersten 2 bis 3 Lebensjahren normal. Erst danach kann die Wachstumsgeschwindigkeit a) abnehmen, b) unregelmäßig werden oder c) im unteren Normbereich der Wachstumskurve liegen. Solche Wachstumsmuster lassen sich gut an den Wachstumskurven erkennen, die bei den Früherkennungsuntersuchungen beim Kinderarzt (U1 bis U9 sowie J1) angefertigt werden. Ist das Kind also zu klein für sein Alter, werden besorgte Eltern darauf verwiesen, dass Kinder dieses Wachstum in der Pubertät nachholen, was auch häufig der Fall ist. Sind aber weitere Symptome einer MPS I vorhanden, sollte dies dem Kinderarzt mitgeteilt werden.

Abbildung 6: Schematische Darstellung des geschätzten Wachstumsverlaufs (2 – 20 Jahre) für (unbehandelte) Patienten mit attenuierter Verlaufsform von MPS I.
Die grüne Linie stellt den mittleren Wachstumsverlauf Gesunder dar, der grüne Bereich stellt die mögliche Streuung der Wachstumskurve dar.
Die violette Linie stellt den mittleren Wachstumsverlauf von MPS I-Patienten mit attenuierter Verlaufsform dar, der violette Bereich stellt die mögliche Streuung der Wachstumskurve dar. P50: Medianer Wachstumsverlauf, P97/P3: 97. bzw. 3. Perzentile.Die Perzentile ist eine medizinische Kennzahl für eine Wahrscheinlichkeitsverteilung. Ein Kind was z. B. auf der 50. Perzentile(die Mittellinie) wächst, hat eine durchschnittliche Größe. Liegt das Wachstum z. B. auf der 30. Perzentile, so sind nur 30 % der Kinder kleiner, liegt es auf der 5. Perzentile sind entsprechend nur 5 % der Kinder kleiner.

Ist das Kind zu klein, sollte dessen Wachstum auch über die U-Untersuchungen (nach U9) hinaus weiterhin in regelmäßigen Abständen dokumentiert werden. Nur so können Auffälligkeiten hinsichtlich des Größenwachstums schnell bemerkt werden.

Ausbleiben des pubertären Wachstumsschubs

In der Pubertät findet bei Jungen und Mädchen ein Wachstumsschub statt. Bei Jungen ist er zwischen dem 12. und 17. Lebensjahr zu erwarten und bei Mädchen im Alter von 9,5 bis 13,5 Jahren. Verzögert sich der Wachstumsschub, findet er nur verringert statt oder aber bleibt komplett aus, sollte der Grund dafür unbedingt abgeklärt werden, da auch eine MPS I dahinterstecken kann.

Veränderte Gesichtszüge

Zunehmend vergröbernde Gesichtszüge (Fachbegriff: Gesichtsdysmorphie) sind ein typisches Merkmal einer MPS I-Erkrankung. Je nach Verlaufsform ist die Dysmorphie Unter Dysmorphie (griech. dys = falsch und morph = Gestalt) versteht man eine Abweichung von der normalen Körpergestalt. stärker oder schwächer ausgeprägt. Bei den milden Verläufen ist sie meist nur leicht ausgeprägt und tritt erst im späteren Verlauf in Erscheinung.

Zu den Merkmalen zählen eine prominente, hohe Stirn, eine kurze, flache Nase mit breiten Nasenlöchern, weit auseinanderstehende Augen, verdickte Lippen, struppige und brüchige Haare, ein kurzer Hals, eine unregelmäßige Zahnstellung und, bei schweren Verläufen, eine verdickte Zunge (Makroglossie).

Abbildung 7: Gesichtsmerkmale bei unterschiedlichen Verlaufsformen von MPS I.  A), B) Patientinnen mit M. Hurler-Scheie; C) Patient mit M. Scheie. (Bildquelle: Genzyme Corporation)

 

Weitere, weniger greifbare Symptome einer MPS I-Erkrankung

Neben den äußerlich gut erkennbaren Symptomen gibt es auch solche, die zum Beispiel die inneren Organe betreffen oder sehr subtil sind und vielleicht auf den ersten Blick nicht wie ein Krankheitssymptom einer Erkrankung wie MPS I wirken. Dies können Symptome sein wie z. B. Nabel- oder Leistenbrüche, häufige Atemwegsinfekte oder Mittelohrentzündungen. Solche Symptome werden dann zwar vom Arzt gesehen und erkannt, allerdings zunächst isoliert betrachtet und behandelt.

Nabel- und Leistenbruch

Als Nabel- oder Leistenbruch (Fachbegriff: Hernie) bezeichnet man Ausstülpungen der Bauchdecke, die durch Schwachstellen im Bindegewebe am Bauchnabel oder in der Leiste entstehen. Hernien sind meist harmlos und heilen, besonders bei Kindern, meistens von selbst wieder aus. Gelangen jedoch innere Organe, z. B. Teile des Darms, in die Auswölbung und werden eingeklemmt, kann eine sofortige Operation notwendig sein.

Bei MPS I zählen Nabel- und Leistenbrüche zu den ersten Symptomen bei allen Verlaufsformen und können bereits in den ersten beiden Lebensjahren auftreten. Nabelbrüche sind dabei häufiger als Leistenbrüche. Auffällig bei MPS I ist, dass diese Hernien trotz zunächst erfolgreicher Behandlung wiederkehren können.

Vorgewölbter Bauch

Ein von außen gut sichtbares Symptom bei Betroffenen ist ein vorgewölbter Bauch. Die Ursache ist eine erkrankungsbedingte Vergrößerung oder Schwellung von Leber und Milz (Fachbegriff: Hepatosplenomegalie). Da die Vergrößerung dieser Organe bei MPS I immer weiter zunimmt, kann es im Verlauf zu einer Einschränkung der Bewegungsfähigkeit und der Atmung kommen.

Bei der schweren Verlaufsform (Morbus Hurler) ist der vorgewölbte Bauch bereits in den ersten zwei Lebensjahren sichtbar, bei den attenuierten Verlaufsformen (Morbus Hurler-Scheie und Morbus Scheie) macht sich die äußerliche Veränderung erst später im Verlauf bemerkbar.

Hornhauttrübung

Die Hornhaut ist die äußerste, lichtdurchlässige Schicht, die das Auge im vorderen Bereich überspannt. Ist die Lichtdurchlässigkeit z. B. durch eine Trübung reduziert, so spricht man von einer Hornhauttrübung. Eine solche Trübung kann mehrere Ursachen haben, wie z. B. Verletzungen, Verbrennungen oder Entzündungen. Bei einer MPS I entsteht die Trübung durch erkrankungsbedingte Ablagerungen in der Hornhaut. Anfänglich äußert sich eine Hornhauttrübung mit einer Lichtempfindlichkeit, später wird nach und nach eine zunehmende milchige Trübung sichtbar. Ohne Behandlung wird die Sehfähigkeit durch die zunehmende Trübung der Hornhaut immer weiter eingeschränkt und kann zu einer wachsenden Beeinträchtigung der Sehfähigkeit, bei schweren Fällen auch zur Erblindung, führen.

Abbildung 8: Hornhauttrübung. (Bildquelle: Mit freundlicher Genehmigung von Munoz V.)

Häufige Mittelohrentzündungen

Eine Mittelohrentzündung (Fachbegriff: Otitis media) äußert sich mit akuten, starken Ohrenschmerzen und Fieber. Der Arzt erkennt die Entzündung bei der Untersuchung an einer Rötung und Vorwölbung des Trommelfells. Eine Mittelohrentzündung heilt oft von selbst wieder ab, manchmal ist die Gabe von Antibiotika notwendig. Da betroffene MPS I-Patienten unter immerzu wiederkehrenden Mittelohrentzündungen leiden, sind häufig zur Behandlung bereits sogenannte Paukenröhrchen implantiert worden.

Durch die häufigen und meist auch schwerwiegenden Mittelohrentzündungen kann das Hörvermögen zunehmend beeinträchtigt sein.

Atemgeräusche und Schnarchen

Schnarchen ist ein häufiges Problem bei Erwachsenen, kann jedoch auch durchaus bei Kindern vorkommen. Ein zeitweises Schnarchen ist auch bei Kindern nicht ungewöhnlich oder kann z. B. durch Atemwegsinfekte erklärt werden.

Bei Kindern mit MPS I bleiben die Schnarchgeräusche dauerhaft bestehen und nehmen mit der Zeit weiter zu. Es kann zu kurzzeitigen Atemaussetzern im Schlaf kommen, der sogenannten Schlafapnoe. Bei einer Schlafapnoe sind die Atemwege der Betroffenen so verengt, dass die Atmung nicht nur deutlich erschwert ist, sondern sogar vollständig aussetzen kann.  Zu bemerken sind auch zunehmende Atemgeräusche, die darauf hindeuten, dass sich die oberen Atemwege immer weiter verengen, sodass das Atmen schwerer fällt. Häufig ist ein solches Schnarchen auch mit vermehrten Infekten der Atemwege und Ohren sowie einer immerzu laufenden Nase (Fachbegriff: Chronische Rhinitis) und Schlafstörungen verbunden. Bei schweren Krankheitsverläufen kann auch die vergrößerte Zunge (Makroglossie) dazu beitragen, dass die Atemwege verengt werden.

Karpaltunnelsyndrom 60 % der im Kindes- und Jugendalter diagnostizierten Karpaltunnelsyndrome sind auf MPS zurückzuführen.

Als Karpaltunnelsyndrom bezeichnet man die dauerhafte Quetschung des mittleren Armnerves im Handgelenk, was zu eingeschlafenen Händen, tauben oder kribbelnden Fingern und Schmerzen führen kann.

Das Karpaltunnelsyndrom tritt im Kindes- und Jugendalter normalerweise nur sehr selten auf und sollte daher unbedingt abgeklärt werden.

60 % der im Kindes- und Jugendalter diagnostizierten Karpaltunnelsyndrome sind auf MPS zurückzuführen.

Herzgeräusche

Beim Abhören mit dem Stethoskop hört der Arzt normalerweise zwei Töne des Herzschlags. Hört man zwischen diesen beiden Tönen noch einen weiteren Ton, nennt man dies Herzgeräusche. Ursache dieser Geräusche ist eine Funktionsstörung der Herzklappen, die dann z. B. zu eng sind oder sich nicht richtig öffnen oder schließen.

Anzeichen für Probleme mit dem Herzen können bei kleinen Kindern eine rasche Atmung, blau gefärbte Lippen und Gedeihstörungen bzw. eine Verzögerung der körperlichen Entwicklung sein. Schulkinder sind häufig müde, bei körperlicher Anstrengung schnell erschöpft und klagen manchmal über Brustschmerzen.

Häufige Operationen

Viele Patienten mit MPS I haben noch vor Diagnosestellung z. T. mehrfache Operationen hinter sich. Dazu zählen Hernienoperationen (Fachbegriff: Hernienreparaturen), die Implantation von Paukenröhrchen, die Entfernung der Rachenmandeln (umgangssprachlich "Polypen") oder Gaumenmandeln und die Freilegung des Karpaltunnels.

Die Symptome einer MPS I sind vielfältig und variieren stark in Zeitpunkt des Auftretens und ihrer Ausprägung.

Jeder Krankheitsverlauf ist so individuell wie die Betroffenen, die unter einer MPS I leiden. Ein einzelnes Symptom allein liefert nur selten einen Hinweis auf die Erkrankung – es ist die Kombination verschiedener Symptome, die den Verdachtsmoment MPS I bekräftigt.

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Quellenverweise:

* Bildquellen:
Paul, männlich, Creative Frame
Anisa, 9 Jahre, weiblich, Genzyme Corporation
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