Zusammenfassung

Etwa 70% aller MPS I-Patienten einwickeln im Verlauf der Erkrankung eine Hornhauttrübung (Beck 2014).

Die Hornhauttrübung gehört zu einem der häufigsten Symptome der Mukopolysaccharidose Typ 1 (MPS I) und sollte somit stets den Verdacht auf MPS I lenken, wenn diese in Kombination mit anderen typischen MPS I-Symptomen auftritt. Auf dieser Seite erfahren Sie mehr zur Ausprägung und zur Häufigkeit sowie zur Ursache der Hornhauttrübung und weiterer okulärer Symptome bei MPS I.

Fotos von Hornhauttrübung bei MPS 1

Hornhauttrübung bei MPS I-Patienten. Bildquelle: (Hamma 2018).

Klinische Zeichen und Häufigkeit einer Hornhauttrübung bei MPS I

Bei MPS I lagern sich Glykosaminoglykane (GAG) in den okulären Geweben mit unterschiedlichen Folgen für das Sehvermögen ab. Häufigste Manifestation ist die Hornhauttrübung, eine charakteristische, weißliche Trübung des Auges, die meist beidseitig auftritt und zu einer zunehmenden Beeinträchtigung der Sehfähigkeit bis hin zur vollständigen Erblindung führen kann (Thomas 2010). 

Neben der Hornhauttrübung kann es im Verlauf auch zu weiteren okulären Komplikationen wie einer Schwellung und Atrophie des Sehnervs, einer Retinopathie oder zu einem Glaukom kommen (Hampe 2020).

Eine erhöhte Lichtempfindlichkeit kann ein erstes Anzeichen einer beginnenden Hornhauttrübung sein (Hampe 2020).

Eine Hornhauttrübung tritt bei allen Verlaufsformen der MPS I häufig auf

Die Hornhauttrübung zählt zu den am häufigsten auftretenden okulären Manifestationen bei allen drei Verlaufsformen der MPS I – etwa 70 % der Patienten sind davon betroffen (Abb. 2). Die Erstmanifestation der Hornhauttrübung unterscheidet sich jedoch je nach Verlaufsform. Bei Morbus Hurler sind erste Anzeichen einer Augenbeteiligung bereits im Kleinkindalter sichtbar, bei den attenuierten Verlaufsformen zeigen sich erste Symptome vor dem 10. Lebensjahr meist in Form einer erhöhten Lichtempfindlichkeit (Beck 2014). 

Generell leiden Patienten mit einer schweren Verlaufsform (Morbus Hurler) häufiger unter einer ausgeprägten Hornhauttrübung, einer Netzhautdegeneration, einer Glaukom-Entwicklung sowie einer Schwellung und Atrophie des Sehnervs. Dies kann im Krankheitsverlauf zu einer Erblindung führen (Ashworth 2006, Collins 1990). Bei Patienten mit attenuierter Verlaufsform manifestiert sich die Hornhauttrübung später und ist meist etwas milder ausgeprägt. Sie kann aber ebenso mit einer Netzhautdegeneration, einem Glaukom und einer Beeinträchtigung des Sehnervs assoziiert sein, wobei sich die Netzhautdegeneration meist erst im Erwachsenenalter zeigt (Ashworth 2006, Collins 1990, Thomas 2010). 

Ursache der okulären Symptome

    Im Stroma der Hornhaut befinden sich bei Gesunden parallel angeordnete Fasern aus Kollagen, GAG und Proteoglykanen. Die Anordnung ist essenziell für die Transparenz der Hornhaut (Cornea). Bei MPS I-Patienten wird durch die Anreicherung von GAG in der Hornhaut diese Anordnung der Fasern gestört, was sich initial in einer Lichtempfindlichkeit ausprägt und im späteren Verlauf zu einer milchigen Trübung der Hornhaut und damit zum Sehverlust führt. Die Hornhauttrübung lässt sich im frühen Stadium noch nicht mit bloßem Auge erkennen. Eine Untersuchung des Auges mit der Spaltlampe kann jedoch frühe Veränderungen der Hornhaut sichtbar machen (Hampe 2020).

    Als Ursache für die Schwellung des Sehnervs bei MPS I-Patienten wurden ein erhöhter intrakranieller Druck verursacht durch die GAG-bedingte Akkumulation von Zerebrospinalflüssigkeit (Liquor) im Gehirn, eine Verdickung der Lederhaut (Sklera) und die GAG-Akkumulation im Sehnerv beschrieben. Anzeichen für eine Sehnervschwellung ist eine Verschlechterung des Sehvermögens und Ausfälle im Gesichtsfeld bis hin zum Sehverlust. Ob eine Schwellung des Sehnervs vorliegt, kann durch die Pupillenreaktion auf Licht sowie eine Auswertung des Gesichtsfelds und des Augenhintergrunds (Fundus) bestimmt werden (Hampe 2020).

    Bei MPS I lagern sich GAG in den retinalen Pigmentepithelzellen und in der Photorezeptormatrix ab. Infolge kommt es zu einem fortschreitenden Photorezeptorverlust, einer Netzhautdegeneration und einer Dysfunktion der Netzhaut (Retina). Erste Anzeichen einer Retinopathie sind Lichtempfindlichkeit und Nachtblindheit, die im Krankheitsverlauf zu einem Tunnelblick und bis zum zentralen Gesichtsfeldausfall fortschreiten können. Ein Farbsehtest kann dabei Hinweise auf eine Retinadegradation geben (Hampe 2020).

    Bei MPS I kann der Abfluss des Kammerwassers durch GAG-Ablagerungen im Trabekelwerk (Offenwinkelglaukom) oder durch GAG-Ablagerungen in der Iris und der Hornhaut beeinträchtigt sein (Engwinkelglaukom). Infolge erhöht sich der Augeninnendruck, was schließlich zur Schädigung des Sehnervs führen kann. Die Diagnose eines Glaukoms über die Messung des Augeninnendrucks kann aufgrund der bei MPS I vorliegenden Hornhautverdickung fehlerhaft sein. So können z. B. eine Gesichtsfelduntersuchung und eine optische Kohärenztomografie helfen, ein Glaukom bei MPS I zu diagnostizieren (Hampe 2020).

Okuläre Symptome und Verdacht auf MPS I

Treten okuläre Symptome, speziell eine Lichtempfindlichkeit oder eine Hornhauttrübung, in Kombination mit MPS-assoziierten Symptomen wie Gelenkkontrakturen und Skelettveränderungen auf, sollten diese beim behandelnden Arzt den Verdacht auf das Vorliegen von MPS I wecken.

    Ashworth JL et al. Surv Ophthalmol 2006;51(1):1-17 

    Beck M et al. Genet Med 2014;16(10):759-765 

    Collins ML et al. Ophthalmology 1990;97(11):1445-1449 

    Hamma A. Int J Rare Dis Disord 2018;1(1):004 

    Hampe CS et al. Cells 2020;9(8) 

    Thomas JA et al. J Inherit Metab Dis 2010;33(4):421-427

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